Deutsch für Ärztinnen und Ärzte. Kommunikationstraining für Klinik und Praxis. Von Ulrike Schrimpf und Markus Bahnemann. Springer Verlag 2012. 2. Aufl.; mit Audio-CD
Zielgruppe des bereits in zweiter, aktualisierter Auflage erschienenen Sprachlehrwerks sind Ärzte aus dem Ausland, die in Deutschland im Berufsfeld Arzt arbeiten (wollen). Das Lehrwerk orientiert dementsprechend auf die relevanten kommunikativen Situationen ärztlichen Handelns in Arztpraxis und klinischem Alltag.
In zehn Kapiteln werden zehn Schwerpunkte gesetzt. Beispiele sind die Anamnese, die körperliche Untersuchung, die Patientenvorstellung sowie der Entlassungsbrief und wissenschaftliche Fachvortrag. Ergänzt werden die Kernkapitel um zwei kurzgefasste Abschnitte mit dem Grundvokabular zur Anatomie des Menschen und zum Aufbau eines Krankenhauses in Deutschland sowie die Struktur des deutschen Gesundheitssystems. Zumindest angerissen werden in zwei flankierenden Abschnitten die Besonderheit der ärztlichen Gesprächsführung und der interkulturellen Kommunikation in der Medizin.
Alle zehn Schwerpunkte orientieren auf Situationen des Klinikalltags, in denen ärztliches Handeln und Sprechen konstitutiv für das Verhältnis Arzt – Patient ist und bestimmter sprachlicher Mittel bedarf, um erfolgreich zu sein.
Ganz im Sinne der eigenen Charakterisierung als „Kommunikationstrainer“ liegt der Fokus des Sprachlehrwerks auf mündlichen Situationen, insbes. in allen Phasen der allgemeinen, speziellen, Sozial- und Familien-Anamnese und der körperlichen Untersuchung. Mit einer Fülle von Beispielformulierungen werden das Fragen, das höfliche Bitten und die einschlägigen Kommandos in der Arzt-Patient-Verständigung geübt und in einem beispielhaften Anamnesegespräch zum Nachhören auf der CD überprüfbar gemacht.
Als typisches Format für die schriftliche Kommunikation dient der Entlassungsbrief. Auch hier werden unverzichtbare sprachliche Mittel zweck- und anwendungsbezogen geübt: So gebraucht man im Deutschen den Konjunktiv I als grammatische Form der indirekten Rede, um deutlich zu machen, dass es sich um die subjektive Darstellung (des Patienten) und nicht um objektive Befunde handelt. Also wird an dieser Stelle der Konjunktiv I eingeführt, die Besonderheit seiner Konjugation dargestellt, die Verwendung erklärt und in Übungen trainiert. Auch hier lässt sich anhand eines Beispielarztbriefes das Gelernte überprüfen.
Schließlich befasst sich ein Kapitel des Lehrwerks mit dem medizinischen Fachvortrag. Ein Beispielvortrag über die Ergebnisse einer wissenschaftlichen Studie verdeutlicht Struktur und sprachliche Mittel von Wissenschaftssprache wie etwa Knappheit und Präzision, Nominalstil und Verwendung des Passivs. Dabei wird auch hier verwendungsbezogen argumentiert: Passiv braucht man, um neutrale, von der Person des Wissenschaftlers unabhängige Ergebnisse adäquat und grammatisch richtig präsentieren zu können.
Fazit: Das Lehrwerk Deutsch für Ärztinnen und Ärzte kann seine z.T. sehr komplexen Fragestellungen auf 160 Seiten nicht erschöpfend behandeln. Das Buch ist aber durchaus ein überzeugender Kommunikationstrainer, der dem Unterrichtenden, beispielsweise in einem Fachsprachkurs Deutsch für Mediziner, eine Fülle von praktischen Übungen für den Unterricht an die Hand gibt. Wenn er diese als durch weitere Materialien zu ergänzende Anregungen versteht, kann das Buch ein unverzichtbarer Leitfaden für die Kommunikation im klinischen Alltag sein – nicht zuletzt deshalb, weil hier ärztlichem Handeln nicht nur eine fachliche, sondern ebenso sehr eine kommunikative Verantwortung gegenüber dem Patienten zugeschrieben wird.
Hamburg, im Dezember 2012 Dr. Renate Morell