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Der Betrieb als Lernort

Den Betrieb zu einem Lernort zu machen bedeutet, sich insgesamt als Unternehmen auf internationale Belegschaften einzustellen.

Zum einen geht es darum zu erkennen, was für Mitarbeiter*innen mit Deutsch als Zweitsprache in der Kommunikation eine Hürde darstellt. Das können formelle Texte sein, die oft viel Hintergrundwissen erforden, aber auch informelle Gespräche mit raschen Wechseln von Themen oder undeutliche Aussprache sein. Die Erfahrungen aus den Sprachtandems können hier oft wichtige Hinweise geben.

Diese Hürden abzubauen erleichtert es dann, bewusst den Ausbau von Sprachkenntnissen zu begleiten.

Einstieg und Einarbeitung erleichtern:

  • Formalitäten zu Arbeitsbeginn

Bei der Aufnahme einer Arbeit in Deutschland sind viele Dinge zu erledigen. Für Personen aus dem Ausland, die nicht mit den deutschen Sozialversicherungen und Formalitäten vertraut sind, kann das schwer zu überschauen sein. Auch Arbeitsverträge können schwer zu verstehen sein.
Erleichtern Sie Ihren neuen Mitarbeiter*innen den Einstieg, indem Sie z.B. eine übersichtliche Checkliste für die notwendigen Angaben zusammenstellen. Bieten Sie Informationen zum Beispiel über gesetzliche Krankenkassen und notwendige Versicherungen an.
Fassen Sie die wesentlichen Informationen aus dem Arbeitsvertrag in kurzen einfachen Sätzen zusammen oder übersetzen Sie den Vertrag in die Muttersprache. 

 

  • Bei der Einarbeitung Sprache einplanen

Eine systematische Einarbeitung ist für allen neuen Mitarbeiter*innen wichtig, um schnell selbständig die Tätigkeiten ausführen zu können. Beziehen Sie bei Personen mit Deutsch als Zweitsprache auch die sprachlich kommunikativen Anforderungen in die Einarbeitung ein: Was muss jemand an einem bestimmten Arbeitsplatz lesen und was schreiben können? Welche Konventionen gibt es im Mündlichen?
Wer vermittelt das in welchem Zeitraum?
Werten Sie regelmäßig aus, was gut läuft und wo Bedarf für Hilfestellungen besteht.

Hier finden Sie ein Beispiel für eine Übersicht sprachlicher Anforderungen mit einem Zeitplan zur Vermittlung.

Mehr dazu sowie Beispiele für Arbeitsaufgaben zur Einarbeitung finden Sie in der Broschüre „Werkzeugkoffer: Passgenaue Einarbeitung. Der Vielfalt eine Brücke bauen

 

 Einfache Sprache verwenden

Stellen Sie sich in der internen Kommunikation auf das Sprachniveau und den Kenntnisstand Ihrer neuen Mitarbeiter*innen mit Deutsch als Zweitsprache ein.

- Verwenden Sie einfache, aber korrekte Sprache.
- Strukturieren Sie Informationen klar. Fragen Sie gelegentlich nach, was bzw. wie die Empfänger die Informationen verstanden haben.
- Wenn Ihnen Reaktionen oder Verhalten komisch erscheint, sprechen Sie es frühzeitig an. Da jeder Mensch in seiner eigenen Wahrnehmung sinnvoll handelt, fragen Sie nach den Gründen, warum jemand die Dinge so tut.

Hier eine Checkliste "Spreche ich verständlich? für den Selbsttest.

 

  • Schriftliche Anweisungen und Anleitungen überarbeiten

In Formularen, Vorschriften und schriftlichen Anweisungen erschweren komplexe Satzstrukturen und lange zusammengesetzte Wörter, die Informationen zu erfassen. Oft hilft es herauszufinden, welche Schriftstücke für Ihre neuen Mitarbeiter*innen besonders schwer verständlich sind. Vereinfachen Sie diese Dokumente so weit wie es geht.

Zu unserem Qualitätsmanagement gehört auch in der Arbeitsvorbereitung die Sprache der Ingenieure in die Sprache der Mitarbeiter der Fertigung zu ‚übersetzen‘.“ (aus ‚Deutsch habe ich im Betrieb gelernt‘)
Das kommt nicht nur den zugewanderten Mitarbeitenden zugute, sondern in vielen Fällen allen Beschäftigten im Betrieb.

Hier finden Sie Beispiele wie Texte aus der Arbeitssicherheit vereinfacht wurden.

Sprache als Thema im Team

  • Gemeinsam die Arbeitssprache erschließen

Welche Sprech- und Schreibweisen in bestimmten Arbeitssituationen angemessen sind, ist für Nicht-Muttersprachler*innen oft schwer zu erkennen.

Zum Beispiel müssen in der Pflege für eine Vielzahl von Vorgängen verschiedene Formulierungen gelernt werden: offizielle Bezeichnungen für den fachlichen Austausch und Dokumentation, Umgangssprache für Gespräche mit Patient*innen und Angehörige und gelgentlich auch Kindersprache oder regionale Ausdrücke.

Kolleg*innen können aktive Vorbilder sein. Vereinbaren Sie im Team, wie Sie Rückmeldungen zu angemessener Sprache in verschiedenen Situationen einholen und geben.

Hier finden Kolleg*innen ein Beispiel, wie Ausdrücke eingeordnet und gelernt werden können.

 

  • Arbeitsbesprechungen sprachsensibel gestalten

Für viele Personen, die eine Arbeit in einer neuen Sprache beginnen, sind Arbeitsbesprechungen eine Herausforderung, wenn
… Abläufe noch unklar sind,
… unbekannte Abkürzungen verwendet werden,
… auf Personen Bezug genommen wird, deren Funktion man nicht kennt,
… Themen vermischt werden,
… mehrere Personen durcheinander sprechen,
… man als neu Hinzugekommene*r nicht weiß, wie man sich einbringen kann und soll usw.

Stellen Sie als Führungskraft neuen Mitarbeitenden bei Besprechungen ein*e Kolleg*in zur Seite, die vor, während oder nach der Besprechung Zusammenhänge und Begriffe erklärt.

Visualisieren Sie bei längeren Besprechungen wichtige Punkte und Verabredungen.

Wenn Beteiligung erwünscht ist, berücksichtigen Sie, dass neue Mitarbeitende ggf. mehr Zeit brauchen, um zu formulieren, was sie sagen möchten.

Hier ein Beispiel aus einem Dienstleistungsunternehmen

 

  • Schulungen und Unterweisungen interaktiv gestalten

Die wichtigen Inhalte von Unterweisungen in Hygiene, Arbeitssicherheit, Brandschutz usw. können sich die meisten Beschäftigten leichter merken, wenn die Schulungen

a)    an ihren Sprach- und Wissensstand angepasst sind,

b)    interaktiv gestaltet werden und

c)    die Inhalte praktisch trainiert werden.

Am Beispiel einer Arbeitssicherheitsunterweisung soll deutlich werden, was das im Einzelnen heißen kann.

 

  • Missverständnisse

In der mündlichen Kommunikation braucht man meist keine vollständigen und korrekten Sätze, um sich zu verstehen. Allerdings gibt es Sprechweisen, die für Deutsch Lernende besonders schwer zu verstehen sind. Undeutliches Sprechen, Wortendungen "verschlucken", Redewendungen, Sprüche und Insider-Formulierungen können zu Missverständnissen führen.

Wenn Personen mit Deutsch als Zweitsprache Wörter nicht richtig betonen oder nicht passende Vokabeln verwenden, kann es das gegenseitige Verstehen ebenfalls schwierig sein.

Decken Sie Quellen sprachlicher Missverständnisse auf. Vereinbaren Sie, wie Sie in der Arbeit damit umgehen wollen. Sichern Sie ab, ob Sie sich gegenseitig richtig verstanden haben, in dem Sie z.B. wiederholen, was bei Ihnen angekommen ist. Über Missverständnisse auch mal gemeinsam lachen zu können, erleichtert das Miteinander.

Sehen Sie sich hier einen 10minütigen Film über sprachliche Missverständnisse in der Ausbildung an.

 

  • Korrigieren

Rückmeldungen zu Fehlern sind für Lernende wichtig, um sich in einer neuen Sprache weiter zu entwickeln. Vermeiden Sie aber unaufgefordert Feedback zu geben.

Wenn ein*e neue Mitarbeiter*in eine*n Kolleg*in darum bittet korrigiert zu werden, probieren Sie aus, wann und wie es passt. Beispielsweise kann man verabreden, vormittags auf einen bestimmten Aspekt wie die Verwendung der Artikel der/die/das zu achten und vor der Mittagspause ein Feedback dazu geben.
Auf die Frage „Habe ich das richtig gesagt?“ gibt es natürlich sofort Rückmeldung! Bieten Sie eine, höchstens zwei korrekte Formulierungen an. Mehr überfordert oft.

Konzentrieren Sie sich bei kollegialen Gesprächen auf die Inhalte und unterbrechen Sie den Redefluss nicht. Nur wenn eine Person der anderen nicht folgen kann, fragt sie am besten gleich nach.

Bei Briefen, Mails und Formularen kann es wichtig sein, dass sie formal korrekt sind. Überlegen Sie am besten im Arbeitsteam, wie Sie schriftliche Korrekturen in den Arbeitsablauf einbauen können.

Ein Tipp der Leitung einer Hamburger Seniorenresidenz: „Sorgen Sie für Akzeptanz im Team für die zusätzlichen Belastungen und Aufgaben.[...] Schaffen Sie sich ein Netzwerk zur Unterstützung, vor allem Kultur und Sprache sind ganz wichtig.“ (clavis 4/2020)

>> weiter zu 'Gut zu wissen' Informationen, was vielen Menschen beim Lernen von Deutsch am Arbeitsplatz hilft, zur Sprache am Arbeitsplatz, Dialekt und Aussprache.