Kommunikative Bedarfsermittlung im Betrieb

Im nun schon fast vergangenen Jahr 2022 hatte die Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch in Kooperation mit Kolleg*innen aus den Landesnetzwerken Gelegenheit, die Pilotierung zur Ermittlung sprachlich-kommunikativer Bedarfe in Unternehmen fortzuführen. In der Fachstelle und in neun IQ Landesnetzwerken wurden von Juli 2021 bis Oktober 2022 über 100 Bedarfsermittlungen in Unternehmen durchgeführt.

Die Mitarbeiter*innen vieler Unternehmen, die vor dem Hintergrund des steigenden Fachkräftemangels internationale Fachkräfte eingestellt haben, formulieren komplexe sprachlich-kommunikative Anforderungen und zunehmenden Bedarf an sprachlicher Unterstützung. In Arbeitsbereichen mit Kund*innen oder Patient*innenkontakt beispielsweise wird die Notwendigkeit einer höflichen Ansprache, aber auch der Registerwechsel von der Kund*in zur Kolleg*in thematisiert. Weitere Themen sind Telefonieren und Dokumentieren, die fachliche Beratung von Kund*innen oder das spontane Reagieren auf Rückfragen. Für viele internationale Fachkräfte ist darüber hinaus eine größere Sicherheit im sprachlichen Ausdruck, die ein selbstbewussteres Auftreten ermöglicht oder die Gelegenheit zur Teilnahme an einer Aufstiegsqualifizierung Anlass für den Wunsch nach einem Ausbau sprachlich-kommunikativer Kompetenzen.

Wie schon in 2021 ermittelt, sind die sprachlichen Anforderungen in Abhängigkeit von Branchen und Berufsgruppen sehr unterschiedlich. Im Vergleich zum Vorjahr fiel jedoch auf, dass der Anteil an Fachkräften mit sehr niedrigem Sprachniveau gestiegen ist. Die Arbeitsaufnahme und das Lernen der Zweitsprache Deutsch findet für die betroffenen Fachkräfte parallel statt. In einigen Fällen konnte den internationalen Fachkräften ein Angebot zur Teilnahme an einem Berufssprachkurs gemacht werden, für viele Unternehmen lässt die große Arbeitsdichte eine Freistellung der internationalen Fachkräfte, die den Besuch eines externen Deutschkurses ermöglichen würde, jedoch gar nicht oder nur in geringem Umfang zu. Bei der Suche nach passgenauen und flexiblen Instrumenten für die differenzierten Weiterbildungsbedarfe der Fachkräfte konnten Unternehmen von der Beratungskompetenz der erfahrenen Berater*innen aus dem Förderprogramm profitieren. Abhängig von den jeweiligen Bedarfen und Möglichkeiten unterstützten die Kolleg*innen dabei, einen geeigneten Sprachkursträger zu finden, in anderen Fällen wurden flexible, miteinander zu kombinierende Ansätze wie Unterricht in Kleinstgruppen oder Sprachcoaching empfohlen. Insbesondere Impulse, den sehr spezifischen Bedarfen mit Instrumenten der Organisationsentwicklung wie betrieblichem Sprachmentoring zu begegnen, stießen bei diversen Unternehmen auf großes Interesse.

Rückblickend kann festgestellt werden, dass das Angebot der IQ Teilprojekte, die sprachlich-kommunikativen Bedarfe zu ermitteln und transparent zu machen, bei den Unternehmen auf große Resonanz gestoßen ist. Von einem Aus- und Aufbau des Beratungsangebots zur Unterstützung der sprachlichen Integration internationaler Fachkräfte am Arbeitsplatz könnten alle Beteiligten profitieren.

Ute Köhler