Team-Teaching von Fach- und DaZ-Lehrenden: Reflexionen zu einem neuen Instrument

Team-Teaching (TT)  von Fach- und Sprachtrainerinnen und -trainern gilt als eines der zentralen Instrumente von Integriertem Fach- und Sprachlernen (IFSL) in der Beruflichen Qualifizierung. Fach-/DaZ-TT- das klingt erst einmal modern und vielversprechend. Bei der Erprobung zeigen sich aber nicht wenige Stolpersteine. Also ist dieses Instrument vielleicht gar nicht so gut wie sein Ruf? Oder verhält es sich mit Fach-/DaZ-TT wie mit „neuen“ Instrumenten eigentlich immer: Es entfaltet sein Potential nur, wenn man darauf spielen kann?

Für einen Problemaufriss scheinen also folgende Fragen zentral: Warum überhaupt ein neues Instrument? Und wie funktioniert es genau? 

Die bisherige Integrierte Sprachförderung in der Beruflichen Qualifizierung wird hauptsächlich als Additum-Lernen für die Adressatengruppe mit Deutsch als Zweitsprache umgesetzt. Sprachförderung wird Maßnahmen vorgeschaltet oder nachgeschaltet oder wird begleitend zum fachbezogenen Kernunterricht angeboten. Der Bezug zu den qualifizierungsbezogenen Inhalten ist unterschiedlich stark ausgeprägt und kann, besonders bei vorgeschalteten Angeboten, vollständig fehlen.

Das Konzept der Weiterbildungsbegleitenden Hilfen  - vgl. Bethscheider et al. (2010) - empfiehlt eine kontinuierliche sprachliche Begleitung in Form von stärker fachlich ausgerichtetem sprachsensiblen Förderunterricht in Kleingruppen. Einen weitereren Baustein in der Verzahnung von Fach und Sprache stellt das Konzept des sprachsensiblen Fachunterrichts - vgl. AMKA (2011) - dar. Fachlehrende sollen sich in Fortbildungen Strategien und Methoden aneignen, um in ihren Fachunterricht für die Qualifizierung oder die berufliche Praxis relevante sprachbezogene Lernziele zu integrieren und so multilingualen Lerngruppen besser gerecht zu werden. 

Bei den skizzierten Ansätzen zeichnet sich jeweils eine vergleichbare Besonderheit ab: In der bisherigen  Integrierten Sprachförderung liegt die Verantwortung für das fachbezogene Sprachtraining fast ausschließlich bei den DaZ-Lehrkräften. Das bedeutet für die betroffenen Lehrkräfte große Anstrengungen in der Sprachbedarfsermittlung und Erstellung von Lernmaterialien und wenig Zugang zu und Teilhabe an Inhalt und Ablauf der Qualifizierungen. Dementsprechend fühlen sich die Sprachverantwortlichen leicht vom Fach- und vom praktischen Lernen abgehängt und auf den zweiten Platz verwiesen. Im sprachsensiblen Fachunterricht hingegen liegt die Verantwortung für die Verzahnung von Fach und Sprache allein beim Fachlehrenden, der, durch Fortbildungen geschult, aus seinen fachlichen Lernzielen sprachbezogene Lernziele identifiziert und umsetzt. Beide Ansätze zeichnen sich durch die Besonderheit aus, dass ein Spezialist mehr oder weniger die Aufgabe des anderen übernimmt.

Dazu kommt die Tatsache, dass Sprach- und Fachlernen eine spezielle Koexistenz aufweisen,  anders als eine interdisziplinäre Kooperation von zwei Fachgebieten wie z.B. Pharmakologie und Marketing oder Elektrotechnik und Pädagogik. Zweitsprache als Fach ist „inhaltsleer“, das Medium des Lernens ist zugleich sein fachlicher Inhalt. Dies drängt die Zweitsprache in eine nachrangige Position- zwar eine sine qua non, wie sich allmählich immer mehr durchsetzt, aber doch eine, die nicht gleichberechtigt neben dem Fach stehen kann. 

Vielleicht entsprechend dieser Rolle wird bislang überwiegend Gebrauch von den asymmetrischen Organisationsformen des  TT gemacht: Die SprachtrainerInnen hospitieren oder assistieren im Fachunterricht, der hauptsächlich in der Verantwortung des Fachlehrenden liegt. Damit liegen die Anforderungen von TT hauptsächlich auf den Schultern der ZweitsprachentrainerInnen.

Es gilt also dringend, eine Vernetzung der verschiedenen Ansätze zum Integrierten Fach- und Sprachlernen (IFSL) voran zu treiben, in der die Verantwortlichkeiten sinnvoll auf alle am Qualifizierungsprozess Beteiligten verteilt werden, so dass Instrumente der Unterrichtsorganisation flexibel und zielführend eingesetzt werden können. Beschriebene Anforderungen und  Kompetenzprofile für einerseits DaZ-Lehrkräfte im Bereich Berufsbezogenes Deutsch - vgl. Bethscheider et al. (2010) - und für Fachlehrkräfte mit multilingualen Lerngruppen andererseits - vgl. SpraSiBeQ (2013) - müssen zusammengeschaut und für beide TeamparternerInnen bindend formuliert werden.

Für das IFSL und besonders TT als zentrales Instrument gelten jedoch noch besondere Herausforderungen: Sollen doch Lehrkräfte, die klassischen EinzelkämpferInnen hinter verschlossener Klassenzimmertür, plötzlich in der Lage sein zu kooperieren, d.h. ihre Unterrichtsorganisation offen legen und ihren Unterricht mit KollegInnen aus einem gänzlich anderen Fachbereich gemeinsam gestalten. Wie das genau vonstatten gehen soll, bleibt freundlicherweise auch gleich den Lehrkräften überlassen, denn- sorry, ein Begleitkonzept ist ja noch in der Entwicklung. 


Dabei ist Teambildung und erfolgreiches Arbeiten im Team etwas, das bekanntermaßen einer gezielten Professionalisierung bedarf. Diese Erkenntnis hat sich in der Schulentwicklung bereits durchgesetzt und dort gibt es bereits interessante Konzepte und Ansätze zu Kooperativer Unterrichtsentwicklung und Multiprofessioneller Teamentwicklung - vgl. Philipp (2014) und Klinger (2014). Diese Konzepte gilt es für den Kontext der beruflichen Qualifizierung zu adaptieren und ein Begleitkonzept für den Kontext Fach-DaZ-TT zu entwickeln. Dabei ist zu bedenken, dass sich im Gegensatz zu der Situation an allgemeinbildenden Schulen in der Beruflichen Qualifizierung zunehmend prekäre Arbeitsverhältnisse breit machen. Für die Implementierung von kooperativen Teamprozessen ist dies keine gute Ausgangslage. Braucht doch gerade Team-Teaching zu Beginn erhöhte Ressourcen an Zeit für Planung und Absprachen sowie eine begleitende Evaluation. 

Johanna Scheerer-Papp

Literatur:
AMKA (2011) - Amt für Multikulturelle Angelegenheiten der Stadt Frankfurt am Main (Hrsg.): SOMMER, Barbara; DIMPL, Ulrike: Sprachsensibilisierung in der beruflichen Bildung. Eine Dokumentation von drei Fortbildungsmodulen für Ausbilder/-innen, Fachlehrer/-innen und Teilnehmer/-innen. 

BETHSCHEIDER, Monika; DIMPL, Ulrike; OHM, Udo; VOGT, Wolfgang (2010): Positionspapier Weiterbildungsbegleitende Hilfen als zentraler Bestandteil adressatenorientierter beruflicher Weiterbildung. Frankfurt/Main: Amt für multikulturelle Angelegenheiten der Stadt Frankfurt am Main.

KLINGER, UDO (2013): Kooperative Unterrichtsentwicklung – Mit Fachgruppen auf dem Weg zum Schulcurriculum. Seelze: Klett, Kallmeyer.

PHILIPP, Elmar (2014): Multiprofessionelle Teamentwicklung – Erfolgsfaktoren für die Zusammenarbeit in der Schule. Weinheim und Basel: Beltz.

SpraSiBeQ (2013): Rahmencurriculum - SPRACHSENSIBILISIERUNG IN DER BERUFLICHEN QUALIFIZIERUNG (vorläufige Version, Stand 02/ 2014)