Team-Teaching im Praxis-Stresstest

Endbericht der wissenschaftlichen Begleitung des Modellprojekts KASper

Nachhaltige Integration in den deutschen Arbeitsmarkt kann nur durch berufliche Qualifizierung und kontinuierliche Weiterbildung (Lebenslanges Lernen) gelingen. Für Menschen mit Migrations- und Fluchthintergrund erweist sich der Übergang von der Sprachförderung in berufliche Qualifizierung jedoch häufig als problematisch, denn Beratungs- und Qualifizierungsangebote orientieren sich jenseits spezialisierter Förderprogramme nur unzureichend an den Bedarfen von Menschen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, und verweisen sie stattdessen immer wieder zurück an das Sprachfördersystem. Da im ländlichen Raum speziell auf die Zielgruppe der Migrantinnen und Migranten sowie Geflüchteten zugeschnittene Angebote zeitnah, flächendeckend und für alle Berufe nicht realisierbar sind, müssen die Leistungsprozesse der Regelförderung so gestaltet werden, dass Personen mit Deutsch als Fremd- oder Zweitsprache entsprechend ihrem Anteil im SGBII-Leistungsbezug daran teilhaben können. Dazu ist es erforderlich, bildungs- und fachsprachliche Deutschförderung in berufliche Qualifizierungsmaßnahmen zu integrieren und die bestehenden Angebote sprachsensibel zu gestalten.

Vor diesem Hintergrund finanzierte das Land NRW das ESF-Modellprojekt „Koordinierungsstelle Arbeit und Spracherwerb" (KASper; Laufzeit: 01.01.2014 bis 30.09.2015). Ziel des durch das Jobcenter Herford durchgeführten Projekts war es, Leistungsprozesse im SGBII für Menschen mit Migrationshintergrund zu verbessern und Förderketten zu verkürzen, indem ein Perspektivwechsel vollzogen wird: Die exklusive Fokussierung auf sprachliche Defizite der Zielgruppe durch eine Modifizierung der Beratungs- und Qualifizierungsangebote zu ersetzen und damit Teilhabe zu ermöglichen.

So organisierte die jobcenterinterne Koordinierungsstelle im Netzwerk mit weiteren Akteuren Sprachsensibilisierungsschulungen für Qualifizierungsträger und Integrationsfachkräfte des Jobcenters, entwickelte Sprachstandserhebungen und Diagnostikverfahren weiter und initiierte eine engere Zusammenarbeit von Sprachkursträgern und beruflichen Bildungsträgern, um sprachliche und berufliche Qualifizierung so zu verzahnen, dass Leistungsbeziehende rascher in berufliche Bildungsmaßnahmen einmünden können. Erprobt wurde die integrierte Deutschförderung in den Qualifizierungsmaßnahmen „Pflegehelfer/-in“, „Lagerlogistik“ und der handwerklich orientierenden „Impulswerkstatt“.

In diesen aus dem bereits bestehenden Regelangebot ausgewählten Qualifizierungs-maßnahmen wurde in „Echtzeit“, d.h. ohne die Möglichkeit einer langen Konzeptionierungs- und Vorbereitungsphase für die beteiligten Akteure (AWO, bfw, DEKRA, Euwatec, IN VIA, Maßarbeit, SBH West, inbit, faa), ein neuer Ansatz der Integration von Sprachförderung durch Team-Teaching innerhalb des regulären Maßnahmeverlaufs umgesetzt. Zwei Unterschiede zu bisherigen vergleichbaren Qualifizierungsmaßnahmen anderer Programme kennzeichneten die in KASper umgesetzten Förderangebote: Erstens sollten zeitliche Mehrbelastungen durch Vorschaltmaßnahmen oder zusätzliche Deutschstunden für Teilnehmende mit Sprachförderbedarfen vermieden werden. Zweitens bestand die Zielgruppe dieser Maßnahmen sowohl aus deutschen Muttersprachlern als auch aus Nicht-Muttersprachlern.

Diese heterogene Zielgruppe von Muttersprachlern und Nicht-Muttersprachlern stellte alle beteiligten Akteure vor besondere Herausforderungen hinsichtlich der praktischen Umsetzung der integrierten Deutschförderung in Fachunterricht und Praxisanleitung. Um diese Erfahrungen in den Probemaßnahmen innerhalb von KASper zu evaluieren, gab das Jobcenter Herford im Rahmen des Modellprojekts eine wissenschaftliche Begleitung in Auftrag, für die eine Kooperation von drei Forschungsteams der Universitäten Paderborn, Erlangen-Nürnberg und Münster gewonnen werden konnte. Ziel dieser Studie ist es, Gelingensfaktoren und Qualitätskriterien für die Verzahnung von beruflicher Qualifizierung und sprachlicher Förderung durch Team-Teaching herauszuarbeiten, die in Zertifizierung und Ausschreibung vergleichbarer Maßnahmen aufgenommen werden können sowie gleichzeitig den beteiligten Akteuren einen praxisorientierten Leitfaden für die Konzeptionierung und Umsetzung zur Verfügung zu stellen.

Hier geht´s zum "Endbericht zur wissenschaftliche Begleitung für das ESF-Modellprojekt des Landes NRW „Koordinierungsstelle Arbeit und Spracherwerb (KASper)“ im Jobcenter Herford" (1,73 MB).

Weitere Informationen:

Jobcenter Herford
Koordination Sprachförderung und Migrationsbeauftragte
Anette Kuhn
Mail: anette.kuhn(at)jobcenter-ge.de