Prozesskette: Die Phase "Umsetzung und Qualifizierung"

Hier sollen die individuellen Chancen von Menschen mit Migrationshintergrund mit Hilfe von Qualifizierungen verbessert werden. Zum Beispiel durch Trainingsmaßnahmen, Anpassungs- und Nachqualifizierungen, durch abschlussorientierte Weiterbildungsangebote oder durch berufsbezogene Deutschkurse. Letztere können berufsfeldbezogene oder auf einen Einzelberuf bezogene Deutschkurse sein; solche, die fachliche Weiterbildungen begleiten, oder solche, in denen fachliches und sprachliches Lernen direkt miteinander verknüpft sind. 

Beispiel

Ibrahim Çakır kam schon 1981 als 16-Jähriger in eine kleine Stadt im Rhein-Main-Gebiet, ein „Gastarbeiterkind“. Sein Vater war noch von der Anwerbekommission in Ankara „angeworben“ worden und 1969 mit einem Arbeitsvertrag bei einer Firma im Bereich der Zulieferung in der Automobilindustrie als Produktionshelfer eingereist. Ibrahim Çakır besuchte 1982 in Deutschland für fast 12 Monate eine Berufs-vorbereitungsmaßnahme des Arbeitsamtes. In diesen Maßnahmen wurde der Vermittlung der deutschen Sprache ein wichtiger Stellenwert eingeräumt. Jedenfalls konnte Ibrahim in dieser Maßnahme seine Deutschkenntnisse erheblich verbessern, er sprach bald wesentlich besser Deutsch als seine Eltern, für die er schon bald Dolmetscherdienste leistete. 1983 begann er, als „Anlernling“ in der Firma zu arbeiten, in der auch sein Vater und viele weitere „Gastarbeiter der ersten und zweiten Generation“ arbeiteten. 

Er arbeitete sich sehr schnell ein und konnte in der Folge auch bei allen Innovationen in der Firma gut mithalten. Seine Chefs waren eigentlich immer sehr zufrieden mit ihm, aber er wurde nie gefragt, ob er an einer der Schulungen teilnehmen wollte. Ebenso wie Ibrahim Çakır selbst hatten sie wohl Bedenken, ob er den Schulungen würde folgen können: Er konnte zwar im Arbeitsalltag alles verstehen und sich auch gut auf Deutsch verständigen, aber auf diesen Lehrgängen müsste er ja auch Deutsch lesen und vielleicht Deutsch schreiben. Außerdem ging es ihm doch auch ganz gut auf der Arbeit, er war anerkannt bei den Kollegen und bei den Chefs – und überhaupt: „Das Leben besteht ja nicht nur aus Arbeit“. Ibrahim hatte inzwischen geheiratet und zwei Kinder. Die deutsche Staatsbürgerschaft hatte er zwischenzeitlich auch erworben. Eigentlich hätte für ihn auch alles so weiter laufen können, aber es lief nicht so weiter. 

Nachdem Ibrahim Çakır fast 25 Jahre – immer in der gleichen Firma – gearbeitet hatte, wurden viele Aufträge der Automobilhersteller, von denen das Unternehmen abhängig war, ins billigere Ausland vergeben, und ein großer Teil der Produktion des Unternehmens sollte ebenfalls ins Ausland verlagert werden. Kurz: Vielen Mitarbeitern der „Stammbelegschaft“ drohte die Entlassung, auch Ibrahim Çakır. Im Sozialplan der Firma war vorgesehen, dass den Mitarbeitern qualifizierte Fortbildungen angeboten werden sollten, damit ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhöht würden. Ibrahim Çakır hatte die letzten fünf Jahre überwiegend an einer CNC-Fräsmaschine (CNC= elektronische Methode zur Steuerung und Regelung von Werkzeugmaschinen) gearbeitet und er wollte an einem sechswöchigen Grundlehrgang CNC-Fräsen teilnehmen. Für die Teilnahme an der Qualifizierung benötigt er allerdings eine gezielte Deutschförderung, um z. B. kompetent Informationen aus den Fachtexten (Lehrbuch) zu entnehmen, Fachvorträgen zu folgen, Unterrichtsgespräche zu führen (Dazu z.B. „Weiterbildungsbegleitende Hilfen“). Ein solches Angebot könnte/sollte – wie auch die Qualifizierung – aus dem Sozialplan finanziert werden.