Sprachpaten: Ein Baustein zur interkulturellen Organisationsentwicklung und Unterstützung in der beruflichen oder innerbetrieblichen Weiterbildung – am Beispiel Erzieher und Erzieherinnen

Sind in Betrieben oder öffentlichen Einrichtungen Personen mit Zweitsprache Deutsch beschäftigt, und das ist heute eher die Regel als die Ausnahme, dann wird immer wieder moniert, dass einige oder viele dieser Mitarbeiter/-innen nicht ausreichend Deutsch können. Es werden Probleme benannt wie z.B. ungleiche Arbeitsverteilung, Probleme bei der Einhaltung von Sicherheitsvorschriften, bei der sachgerechten Erstellung von Dokumentationen und in der Kommunikation nach innen und außen. 

Woran die mangelnden Deutschkenntnisse festgemacht werden, ob sie tatsächlich die Problemauslöser sind und wie viele Personen mit unzureichenden Deutschkenntnissen es tatsächlich sind, das bleibt oft unklar. Unklar bleibt häufig auch, was nach der Problembeschreibung zu geschehen hat. Immer wieder erfolgt lediglich die Aufforderung an die entsprechenden Mitarbeiter/-innen, ihr Deutsch zu verbessern; eine Beteiligung seitens der Arbeitgeber durch Übernahme von Kosten und/ Freistellung wird selten in Erwägung gezogen. Darüber hinaus bestehen häufig unrealistische Vorstellungen bezogen auf den Aufwand an Zeit und Kosten, der notwendig ist, um Sprachkenntnisse deutlich zu verbessern; auch der Frage der Nachhaltigkeit der Lernerfolge wird selten Aufmerksamkeit geschenkt.

Viel zu oft also werden die Beschäftigten mit Zweitsprache Deutsch mit der Aufgabe, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern, allein gelassen. Damit wird letztlich die Verantwortung für die Lösung der Probleme, explizit oder eher reflexhaft, einseitig auf der Seite der Mitarbeiter/-innen mit Zweitsprache Deutsch gesehen.
Diese Sichtweise, so verbreitet sie auch ist, greift zu kurz. Mit der Tatsache der unterschiedlichen Zweit-Sprachkenntnisse von Mitarbeitern müssen alle Beteiligten, Kollegen/-innen und Vorgesetzte angemessen und zum Nutzen aller umgehen, so wie es zum Beispiel bei Kenntnissen und Fertigkeiten anderer Art, z.B. dem Umgang mit den sog. Neuen Medien heutzutage üblich ist; Unterstützungssysteme wie Hotlines und Helpdesks sind hier völlig selbstverständlich. 

Der vom Amt für multikulturelle Angelegenheiten der Stadt Frankfurt in Kooperationsprojekten mit der vhs Frankfurt und den Beruflichen Schulen Berta Jourdan im Feld Erzieher/-innen entwickelte Ansatz, mit Sprachpaten zu arbeiten, soll hier einen Perspektiv- resp. Paradigmenwechsel einleiten helfen und zu mehr gemeinsamer Verantwortung für das Gelingen der Zusammenarbeit von Kollegen mit Muttersprache Deutsch und Kollegen/-innen mit Zweitsprache Deutsch führen.

Die Aufgaben der Sprachpaten

Die Sprachpaten stehen zum einen den Kollegen/-innen mit Zweitsprache Deutsch mit ihrer muttersprachlichen Sprach-Kompetenz unterstützend zur Seite; dies kann eine 1:1-Relation sein, muss es aber nicht. Zum anderen aber, und hier lag unser besonderes Augenmerk, übernimmt der/die Sprachpate/-in die ‚Patenschaft‘ für das Thema ‚Leben und Arbeiten in der Zweitsprache Deutsch‘ und trägt es ins Team und zur Leitung.

Die Ziele der Arbeit lassen sich folgendermaßen benennen:

  • realistische Vorstellungen bezogen auf mögliche Lernerfolge, aber auch Lerngrenzen entwickeln,
  • ungleiche Arbeitsbelastungen neu austarieren (z. B. Kollegen/-innen mit Muttersprache Deutsch übernehmen zukünftig nicht mehr alle schriftlichen Arbeiten),
  • Diskriminierungen aufgrund unterschiedlicher Sprachbeherrschung beseitigen (z.B. Beteiligung an Teamsitzungen, Leitungsaufgaben etc.),
  • ggf. die spezifischen Kenntnisse und Fertigkeiten der Kollegen/-innen mit Migrationshintergrund ( wie z.B. Mehrsprachigkeit) wertschätzen und zum Tragen bringen.

Dokumentation und Leitfaden

Im Rahmen des bundesweiten Förderprogramms "Integration durch Qualifizierung", gefördert von BMAS, BMBF und BA, wurde eine Dokumentation, die auch gleichzeitig Leitfaden ist, erstellt. Hier werden das Konzept, die Rahmenbedingungen, das konkrete Vorgehen und Einschätzungen bzgl. der Wirkungsweise ausführlich dargestellt. Nachahmung und Weiterentwicklung sind erwünscht!

Die Dokumentation steht auf der Webseite des hessischen Landesnetzwerks IQ zum Download zur Verfügung.


Ulrike Dimpl (Amt für multikulturelle Angelegenheiten der Stadt Frankfurt am Main)