Interview mit Julia Christensen (Thüringer Volkshochschulverband e.V., IQ Landesnetzwerk Thüringen)
Frau Christensen, was kann man sich unter einer „Videobewerbung“ vorstellen?
Eine Videobewerbung ist ein kurzes, bis drei Minuten langes, persönliches Video, mit dem sich eine Bewerberin oder ein Bewerber einem Arbeitgeber vorstellen kann. Der Arbeitgeber gewinnt zusätzlich zu den Informationen, die er den traditionellen Bewerbungsunterlagen entnimmt, einen persönlichen Eindruck von dem Menschen, mit dem er es zu tun hat. Sein Interesse wird geweckt.
Der Thüringer Volkshochschulverband (TVV) hat eine Untersuchung zum Potential der Videobewerbung für zugewanderte Menschen durchgeführt. Können Sie erzählen, wie es dazu kam? Wie sind Sie auf die Idee gekommen?
Im Rahmen des IQ-Teilprojekts „Kompetenzen erkennen – Potenziale sichtbar machen!“ haben wir uns über ein geeignetes Instrument Gedanken gemacht, mit dem Migrantinnen und Migranten ihre Qualifikationen und Kompetenzen sichtbar machen können. Die eigenen arbeitsmarktrelevanten Potentiale überzeugend und anschaulich darzustellen, z. B. bei einem Beratungs- oder Vorstellungsgespräch, ist ja keine einfache Aufgabe, insbesondere wenn man sich als Mensch mit Migrationshintergrund in einer neuen Sprache bzw. in einer neuen Kultur vorstellen muss.
Wir wünschten uns eine innovative Bewerbungsmaßnahme im Kontext von Sprach- und Integrationsmaßnahmen, z. B. im Anschluss an einen Integrationskurs, als Bestandteil eines ESF-BAMF-Kurses oder als Abschluss eines Bewerbungstrainings. Die Wahl fiel auf die Videobewerbung. Bevor wir mit der Arbeit am Konzept angefangen haben, haben wir auch zwei Thüringer Arbeitgeber gefragt, was sie von Videobewerbungen halten würden. Die Einschätzungen waren sehr positiv.
Es war uns dann schnell klar, dass wir, um ein wirklich gutes Produkt zu entwickeln, Expertinnen bzw. Experten aus unterschiedlichen Bereichen benötigen würden. Wir haben darum in unsere Gruppe eine DaZ-Expertin, einen Video-Experten und eine Bewerbungsexpertin einbezogen, die sehr vom Wissen der jeweils anderen profitiert haben. Zusammen mit mir als Koordinatorin hat diese Expertengruppe dann in der Projektlaufzeit von Januar 2013 bis Dezember 2014 das Konzept und die Materialien entwickelt.
Um was für Materialien handelt es sich? Wozu dienen Sie?
Das Ergebnis sind praxiserprobte Broschüren und Videomaterial, welche auf die Zielgruppe und den deutschen Arbeitsmarkt abgestimmt sind. Die Produktpalette bietet folgende Handreichungen und Materialien:
Noch eine letzte Frage: Für welche Zielgruppe eignet sich die Videobewerbung? Ist ein bestimmtes Sprachniveau nötig? Gibt es Gruppen, für die Sie die Videobewerbung nicht empfehlen würden?
Wir meinen, dass Videobewerbungen sich für alle Zielgruppen eignen. Wir haben unser didaktisches Konzept aber speziell auf ausländische Fachkräfte zugeschnitten, um ihnen den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern. Hier empfehlen wir das Niveau B2 und ein abgeschlossenes Bewerbungstraining. Alle Materialien stehen in Kürze auf der Seite des Thüringer Volkshochschulverbands zur Verfügung.
Frau Christensen, vielen Dank für das Interview!
Das Interview führte Susan Kaufmann.
Kontaktdaten
Thüringer Volkshochschul-Verband
Julia Christensen
Arbeitsbereich: Europäische Projekte, Teilprojekt IQ Netzwerk
Tel.: 03641 53423-27
E-Mail: julia.christensen(at)vhs-th.de