Berufsbezogenes Deutsch für gewerblich-technische Berufe bei IBH

Der Kurs „Berufsbezogenes Deutsch für den gewerblich-technischen Bereich“ hat eine Laufzeit von 6 Monaten und qualifiziert Migrant_innen, die bereits erste berufliche Erfahrungen im gewerblich-technischen Bereich haben, sprachlich weiter. 

Die Zielgruppe des Kurses ist sehr heterogen, sowohl bezogen auf die sprachlichen als auch auf die fachlichen Hintergründe: Die sprachlichen Voraussetzungen der Teilnehmer_innen bewegen sich im breiten Rahmen des Niveaus B1, wobei sich die schriftlichen und mündlichen Kompetenzen häufig nicht auf dem gleichen Niveau befinden. Auch beruflich kommen die Kursteilnehmenden aus den verschiedensten Bereichen/Kontexten: So finden sich nach Auskunft der Kursleiterin u. a. sowohl IT-Techniker_innen, KFZ-Mechatroniker_innen, Ingenieur_innen, chemische Laborant_innen als auch Arbeitende aus der Logistikbranche in einem Kurs zusammen. Manche TN haben keinen Berufsabschluss und sind auch noch nicht in Deutschland beruflich tätig gewesen.

Bedarfe und Bedarfs- und Handlungsorientierung im Kurs

Die sprachlichen Anforderungen für die genannten und weitere berufliche Bereiche sind sehr unterschiedlich, dennoch gibt es kommunikative Handlungen, die vielen dieser Berufe gemeinsam sind: So sind etwa das Verstehen von Arbeitsanweisungen und von technischen Abläufen in der Werkstatt ebenso zentral für viele der Berufe wie auch das Gespräch mit Kund_innen und Kolleg_innen. Vor allem auf solche mündlichen kommunikativen Handlungen legt der Kurs einen Schwerpunkt; daneben wird im schriftlichen Bereich beispielsweise das Schreiben von Briefen und Arbeitsberichten trainiert. Der für den eigenen oder zukünftigen Beruf notwendige Wortschatz wird bedarfsorientiert mit den TN erarbeitet und eingeübt. Zu diesem Zweck arbeiten beispielsweise TN mit gleichem beruflichen Hintergrund in Gruppen Szenarien aus dem Berufsalltag aus und führen sie vor der Klasse auf.

Der Wortschatz dafür wird durch eigene Internetrecherche, Benutzung des Bildwörterbuchs und Lehrbuchmaterialen (z.B. aus Lehrbüchern für die Berufsausbildung) erlernt. Handlungsorientierte Aufgaben für einzelne können dann z. B. sein: 

  • Für Friseur_innen: Rollenspiel: Smalltalk, Kundenberatung und Gespräch über den Haarschnitt vor der Klasse.
  • Für KFZ-Mechatroniker_innen: Darstellung der Funktion eines Motors anhand eines echten Motors.
  • Für Schneider_innen: Erklären der Funktionsweise einer Nähmaschine und das Nähen eines Teiles mit gleichzeitiger Erläuterung der Arbeitsschritte
  • Für Schuhmacher_innen: Darstellung der verschiedenen Teile eines Schuhs anhand von Bildern und Vorstellung der notwendigen Werkzeuge zur Reparatur eines Schuhs.

Sowie andere Aufgaben, je nachdem welche Berufsgruppen im Kurs vertreten sind.

Ziel des Kurses

Der Kurs zielt vor allem darauf, die Teilnehmenden mit Berufserfahrung auf eine Nachqualifizierung vorzubereiten, damit sie perspektivisch ihren ursprünglichen  Qualifizierungen gemäß in angemessenen Bereichen arbeiten können. Darüber hinaus wird für die Kursteilnehmer_innen mit wenig oder ohne Berufserfahrungen eine berufliche Orientierung im gewerblich-technischen Bereich angestrebt. 

Kursinhalte und methodisches Vorgehen

Schwerpunkte des DaZ-Kurses liegen auf der (mündlichen) Anwendung sprachlich-kommunikativer Mittel im Berufsleben und dem Aufbau der kommunikativen Kompetenzen für die Bewerbungsphase. Alle Teilnehmer_innen werden darüber hinaus auf Bewerbungsgespräche vorbereitet, konkrete fachliche Fragen zu den einzelnen Berufen werden dabei individuell bearbeitet: Das bedeutet, dass Bewerbungsgespräche in Form von Rollenspielen eingeübt werden, die Fragen sind konkret auf die jeweiligen Berufe bezogen und die jeweiligen kommunikativen Handlungen können im Rückgriff auf bereits erarbeiteten Wortschatz realisiert werden.

Die Verbesserung von schriftlichen Kompetenzen ist ebenfalls ein wichtiges Element des Kurses. So spielen die Dokumentation von Arbeitsabläufen und das Schreiben von Übergabeprotokollen eine wichtige Rolle in vielen der angestrebten Berufe. 

Um solche Fertigkeiten möglichst teilnehmergerecht trainieren zu können, arbeiten die Lehrkräfte nicht mit Lehrwerken, sondern erstellen eigenes Lehrmaterial, nutzen authentische Materialien oder arbeiten vorhandene Texte so um, dass sie adressatengerecht eingesetzt werden können: So ist etwa die Dokumentation von Arbeitsunfällen Bestandteil des Unterrichts und wird trainiert, indem ein entsprechendes Protokoll erstellt und ein vorgefertigtes Formular ausgefüllt wird. 

Damit die Teilnehmer_innen einen ersten Einblick in betriebliche Welten bekommen, werden nach Möglichkeit Betriebsbesichtigungen in der Mitte und der zweiten Hälfte des Kurses durchgeführt. Dabei wird ein von der KL und den TN gemeinsam erstellter Erkundungsfragebogen eingesetzt, der es den TN ermöglicht, erste Beobachtungen schriftlich festzuhalten und sich damit gewissermaßen sprachlich in die betriebliche Realität einzufinden. Er beinhaltet Fragen zu Arbeitsbedingungen, Produktionsablauf, Arbeitsplätzen, Arbeitsklima u. ä. Diese Fragen sollen von den TN während der Besichtigung gestellt und die Antworten notiert werden und dienen letztendlich zur Auswertung der Besichtigung.

Praktikum

Einen konkreten Einblick in den Berufsalltag des für sie relevanten Berufes bekommen die TN im Praktikum. Dabei bestimmen die Ziele und Wünsche der TN den Praktikumsort: Die Teilnehmer_innen erstellen Listen ihrer Wunschbetriebe mit Hilfe der Gelben Seiten und die Sozialpädagogin hilft dann bei der Akquise mit Telefon und Internet. 

Die Praktika selbst haben unterschiedliche Funktionen: Manche TN finden darüber einen Einstieg in den entsprechenden Betrieb, das Praktikum kann aber auch dem Betrieb dabei behilflich sein, mehr über die Kompetenzen der TN zu erfahren. Nach Auskunft der Kursleiterin können pro Kurs durchschnittlich 1 – 2 TN im Praktikumsbetrieb bleiben. Natürlich machen TN nicht nur positive Erfahrungen und manchmal gehen die Vorstellungen von TN und Arbeitgeber auseinander, z. B. wenn sich die TN unerwartet in Hilfstätigkeiten wiederfinden. Auf der anderen Seite sind auch die Betriebe nicht immer zufrieden, z. B. wenn TN nicht regelmäßig kommen oder sich im Krankheitsfall nicht rechtzeitig krankmelden.

Nach dem Ablauf des Praktikums haben die Kursteilnehmer_innen drei Tage lang die Gelegenheit, zusammen mit einer Sozialpädagogin/Jobcoach ihre Erfahrungen im Praktikumsbetrieb nachzubereiten: Dabei werden Erfahrungen und die Zusammenarbeit im Betrieb besprochen und es gibt die Gelegenheit, sprachliche Herausforderungen zu thematisieren und neue Kommunikationsstrategien zu entwickeln. So werden im Praktikum erlebte Situationen vorgestellt und nachgespielt, um dann Alternativen aufzuzeigen. Im Einzelcoaching werden mit jedem TN die individuellen beruflichen Perspektiven erarbeitet.

Sozialpädagogische Begleitung

Inhalt der sozialpädagogischen Begleitung ist die Unterstützung der Teilnehmer_innen bei der Klärung von Alltagsproblemen mit bspw. Vermietern, Schule, Kita und Behörden. Auch die gemeinsame Entwicklung von beruflichen Perspektiven, Hilfe bei der Praktikumssuche, Betreuung im Praktikum sowie die Hilfestellung bei Lernproblemen und die Lernberatung sind Gegenstand der Arbeit der Sozialpädagogin. Probleme, die in den Gesprächen thematisiert werden, können im Deutschunterricht in der Form bearbeitet werden, dass die TN dort versuchen, sprachlich-kommunikativ Lösungen zu finden. Auch die Kursleiter_innen können sich an die Sozialpädagogin wenden, etwa bei Problemen in der Klasse, die z. B. Unpünktlichkeit oder unregelmäßige Anwesenheit der Teilnehmer_innen betreffen. 

Evaluation des Kurses

Der Kurs wird fortlaufend evaluiert. So werden alle zwei Monate Bilanzgespräche mit den TN durchgeführt, bei denen sie Gelegenheit haben, Fortschritte und Schwierigkeiten zu reflektieren. Aus diesen Gesprächen leitet sich der Bedarf an Lernberatung ab. Die Sozialpädagogin versucht in einem gemeinsamen Gespräch mit der DAZ-Lehrkraft und dem/der TN die Gründe für die Lernschwierigkeiten und deren Lösung zu finden, soweit die Probleme in der Kurssituation zu suchen sind. Sollten die Gründe in der persönlichen Situation des TN liegen, werden in einem persönlichen Beratungsgespräch mit dem TN Lösungswege aufgezeigt, sofern der TN dieses wünscht. In einem konkreten Fall konnte für einen TN die Möglichkeit geschaffen werden, nach dem Unterricht in Kursräumen die Hausaufgaben zu erledigen, da in der Wohnung des TN kein Platz und die notwendige Ruhe dafür vorhanden waren. In einem anderen Fall wurde das Lernproblem im Unterricht aufgegriffen und ein Projekt „Lernen lernen“ von der Lehrkraft für alle TN angeboten. Am Ende des Kurses wird nochmals eine schriftliche Evaluation durchgeführt: Dafür füllen alle Kursteilnehmer_innen einen Fragebogen aus, der Fragen zu dem Unterricht, der Institution und dem Praktikum enthält. Außerdem werten sie für sich die zu Beginn des Kurses ausgefüllte Selbsteinschätzung hinsichtlich ihrer sprachlichen Fähigkeiten unter dem Gesichtspunkt: „Was habe ich dazugelernt?“ aus.

Das ESF-BAMF-Programm 

Herausforderungen, die sich durch das ESF-BAMF-Programm ergeben sind nach Auskunft der Kursleiterin:

  • Große Bürokratie
  • Heterogene Gruppen
  • Große TN-Anzahl in einem Kurs (wir arbeiten mit 22 TN in einem Kurs)
  • Großer Zeitaufwand für Vorbereitung des Unterrichts, da keine geeigneten Lehrwerke am Markt
  • Teilweise  mangelnde Zusammenarbeit mit den Job-Vermittlern in Fragen  Umschulungen u. ä.

Autorinnen: Ursula Koopmann, IBH, DAZ/DAF-Lehrkraft und Sozialpädagogin, und Bettina Kleiner

Kontakt IBH

Kontaktperson: Nikola Kummer